fem:PRESS

Möglich gemacht im kreativ:LABOR


Projektleitung: Rike Schroer | Redaktion: Rike Schroer & Miriam Duwe | Gestaltung: Miriam Duwe | Fotografie: Bonnie Bartusch | Druck: Florian Isensee GmbH

Als Kinder haben wir nach den Sternen gegriffen. Was wir werden wollen, wenn wir einmal groß sind? Alles! Unserer Phantasie und unseren Träumen waren keine Grenzen gesetzt. Mit jedem Schritt des Älterwerdens sind unsere Kinderträume in unerreichbarere Ferne gerückt. Statt mit wehenden Fahnen ins Leben zu starten, stehen wir nach der Schule vor der Entscheidung, die richtige Ausbildung oder den richtigen Beruf zu wählen. Zwischen richtig und falsch liegt ein Raum – ein Freiraum, der nicht für alle gleich groß ist.

Das Bildungssystem ist Spiegelbild gesellschaftlicher Machtverhältnisse: Bildungserfolge oder Misserfolge werden entlang strukturell hergestellter Ungleichheiten fortgesetzt. Chancengleichheit? Pustekuchen. Wir verlieren den Bezug zu unseren Stärken und Interessen oder finden eigenständig keine Lösungen und sind immer mehr abhängig von äußeren Impulsen. Ob mit Einser-Abitur oder weniger glanzvollen Abschlüssen befinden wir uns früher oder später an einem Punkt der Orientierungslosigkeit.

Das Projekt fem:press ist in vielerlei Hinsicht eine Herzensangelegenheit. Im kreativ:LABOR habe ich einen Ort gefunden, an dem ich mich ausprobieren und aus Fehlern lernen durfte. Susan Mertineit ermutigt, verrückte Ideen auszusprechen und diese selbstwirksam umzusetzen. In der Regel trauen sich diese Ideen nicht aus dem Kopf, weil das Bauchgefühl nicht stimmt, wir Angst vor Ablehnung und Widerstand haben oder wir relativieren, dass der Gedanke nicht wichtig sei. In Wahrheit ist das Leben viel zu kurz, um es für Andere zu leben. Neues wagen, Neues finden: Wer sich traut, über den Tellerrand hinaus zu blicken, kann einiges entdecken.

Diese Zeitung soll insbesondere junge Frauen* ermutigen, größer zu träumen und persönliche Ziele höher zu stecken. Viel zu oft hören wir „Das kannst du nicht“ oder „Dafür bist du nicht ausgebildet“. Die hier abgedruckten Geschichten zeigen, dass solche Einwände oft Unsinn sind. Ich glaube an eine Wirklichkeit, in der nicht unser Geschlecht, unsere Herkunft oder der Bildungsabschluss darüber entscheidet, welche Träume wir träumen. Gemeinsam mit Bonnie Bartusch, Miriam Duwe und Reneé Lilge habe ich zehn Frauen aus unterschiedlichen Professionen, Alters- und Lebensphasen in Oldenburg portraitieren dürfen. Ich bin dankbar um das große Vertrauen aller, die meine Idee unterstützt und sich im Gespräch für mich und die Leser*innen geöffnet haben. Mögen diese Pionierinnen auch euch inspirieren, wieder nach den Sternen zu greifen!

„Ich stehe immer vor der Herausforderung, alles, was ich vom Leben will, auch dort unterzubringen.“

Barbara Schmitz-Lenders - Puppenspielerin & Mutter

„Dann such dir mal einen reichen Mann“, habe Barbaras Vater geraten, als sie mitteilte, Puppenspielerin werden zu wollen. Seit 1983 gab es die erste staatliche Ausbildung in Westeuropa: der Studiengang „Figurentheater“ an der „Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart“. Dort gehörte sie zu den ersten Studierenden. Bereits in der Schule sei ihr Interesse gewachsen, in Richtung Bühne und Gestaltung gehen zu wollen. Nach einem dreizehnmonatigen Praktikum am Marionettentheater in Düsseldorf war klar: „Das ist genau mein Ding!“

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„Rassismus tötet Selbstwertgefühl.“

Beybun Seker - Sozialarbeiterin & Mutmacherin

„Zum Glück habe ich nochmal die Kurve gekratzt“, sagt Beybun über ihre Vergangenheit. Sie habe damals ganz viel Mut in sich getragen und sei in die Extreme abgerutscht. Heute weiß sie, dass eine radikale Überzeugung nur selten zum Erfolg führt: „Wenn jeder Mensch bei sich und seinem Verhalten anfängt, können wir viel bewegen.“

Beybun leistet rassismuskritische Bildungsarbeit: „Ich bezeichne mich selbst als Woman of Color und setzte mich in Oldenburg vor allem für Kinder ein, die dasselbe erlebt haben wie ich.“ Mit den weltweiten Protesten infolge des Mordes an dem Schwarzen US- Amerikaner George Floyd hat Beybun gemeinsam mit weiteren tollen Menschen in Oldenburg das Bündnis UNITED AGAINST RACISM initiiert. „Wir möchten, dass das System als Problem erkannt wird und nicht diskriminierte Menschen und Gruppen selbst“, sagt sie.

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„Sich selbst zu sehen und zu äußern macht etwas mit Menschen.“

Dörthe Bührmann - Initiatorin & Impulsgeberin für gehört und gesehen werden

Dörthe hat die Initiative aufgebaut und ist (Mit)Gründerin des Radio- und TV-Senders Oldenburg Eins (oeins), der im letzten Jahr (2021) sein 25. Jubiläum feierte. „Anschub und Senderaufbau waren eine Mammutaufgabe, weil wir uns gegen bestehende Strukturen durchsetzen mussten.“ Bis heute gibt es in Oldenburg nur eine große Regionalzeitung: „Der gesellschaftspolitische Hintergrund unseres Senders ist es, ein unabhängiges Medium zu sein, an dem Menschen unzensiert teilhaben und insbesondere Randgruppen hörbar werden.“ Dörthe hat mit ihren Mitstreiter*innen eine Plattform geschaffen, die Menschen, besonders auch Mädchen und Frauen, ermutigt, Medien für ihre Anliegen zu nutzen.

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„Ich wünsche mir, dass insbesondere Frauen und FLINTA* ein Selbstbewusstsein erlangen, ihre Arbeit geltend zu machen.“

Katrin Windheuser - Veranstalterin, Musikpädagogin & Musikerin

Wir gehen an den Hafen, um Katrin zu portraitieren. „Ich war im Bahnhofsviertel zuhause und habe hier angefangen zu arbeiten“, erzählt sie. Katrin ist Instrumentallehrerin für Saxophon und Klarinette sowie Veranstalterin diverser Projekte im Kultur- und Musikbereich. Darüber hinaus ist sie Mitglied der Band KASKA. Der Übergang ist fließend: „In meiner Funktion als Künstlerin auf der einen und als Veranstalterin auf der anderen Seite ermögliche ich Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, den Einstieg in Kunst und Kultur.“ Während des Musik- und Mathematikstudiums in Oldenburg hat Katrin angefangen, kleine Veranstaltungen zu organisieren. „Die Teilnahme an einer Kulturveranstaltung kann nicht nur Freizeit und Entspannung bedeuten, sondern auch veranlassen, sich mit neuen Themen oder einer anderen Perspektive auseinander zu setzten.“ Im Zusammenschluss mit engagierten Kulturschaffenden gründet Katrin 2012 den Freifeld e.V. und veranstaltet in den darauf folgenden Jahren zwei erfolgreiche Festivals, die in Oldenburgs Kulturlandschaft neue Impulse anstoßen.

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„Rassismus betrifft uns alle in unterschiedlicher Weise, die einen profitieren, die anderen werden benachteiligt.“

Lena Ahone Nzume - Akademikerin, Aktivistin & alleinerziehende Mutter

Wir treffen Lena im Stadtteil-Café des Treffpunktes Gemeinwesenarbeit im Oldenburger Kennedyviertel. Der Verein hat zum Ziel, Potentiale von Anwohnenden zu stärken und somit Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen. „Der Verein spiegelt sowohl mein berufliches Interesse als auch mein privates Engagement wider“, erzählt Lena. Sie habe bereits viele Aktionen, Workshops und Projekte im sowie durch den Verein realisieren können. Lena ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Oldenburg mit dem Forschungsschwerpunkt „Rassismuskritische Schulentwicklung“. Sie fügt hinzu: „Der Abbau von Benachteiligung und sozialer Ungleichheit sowie die Verbesserung von Bildungs- und Teilhabechancen sind wichtige Themen, für die ich mich mit aller Kraft einsetze – sowohl auf praktischer als auch auf theoretischer Ebene.“ Vorher war Lena sechs Jahre lang bei der Stadt Oldenburg im Bereich Integration als Bildungskoordinatorin und zwischenzeitlich als kommissarische Integrationsbeauftragte tätig: „Es war mir wichtig, den Fokus nicht nur darauf zu legen, Migrationsandere zu integrieren, sondern die Strukturen unserer Gesellschaft zu reflektieren.“

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„Grundsätzlich sollten wir uns mehr trauen im Prozess des Abschiednehmens.“

Lucia Loimayr-Wieland - Künstlerin

Wir treffen Lucia in ihrer Werkstatt. An der Wand steht ein bunt bemalter Sarg. „Das ist meiner“, sagt sie. „Rot ist eine wichtige Farbe in meinem Leben und die anderen Farbspuren stehen für Personen in meinem Leben.“ Auch ihr Totenhemd ist wohl überlegt: „Es ist schwarz und hat unterschiedliche Bänder angenäht, mit denen man mich einwickeln kann.“ Ob sie wirklich darin bestattet werde, weiß sie noch nicht. „Geschmack ändert sich“, fügt sie lachend hinzu. Lucia ist Sargmalerin, doch sie hadert mit der Bezeichnung und erklärt: „Das ist nur eine kleine Facette von dem, was mich ausmacht. Ich bin eine Frau, die sich grundlegend mit Abschiedskultur beschäftigt.“

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„Unabhängig vom Intellekt ist jeder Mensch in der Lage, Kunst zu verstehen, denn es gibt kein richtig oder falsch, nur den individuellen Ausdruck.“

Marianne Garbe - Künstlerin

„Die Welt war ein offenes Buch für mich“, sagt Marianne über ihr Kindheit im Berlin der Nachkriegszeit. „Meine Kindheit hat viel mit meinem Lebenslauf zutun, weil ich in den Trümmerlandschaften alle Freiheiten hatte zu spielen, zu entdecken, zu erkunden, zu begreifen.“ Mariannes Leben änderte sich, als ihr Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte: „Ich habe nach dem Abi an der Pädagogischen Hochschule in Hamburg angefangen zu studieren, weil mein Vater wollte, dass ich Hauswirtschaftslehrerin werde.“ Die Rückkehr des Vaters habe ihr Leben auf den Kopf gestellt. „Er beanspruchte etwas, was vor- her meine Mutter für uns lebte“, erzählt sie. Ihr ganzes Leben lang sah Marianne sich immer wieder mit Erwartungen von anderen wie auch verfestigten Rol- lenbildern konfrontiert. „Es wurde immer etwas erwartet, von dem ich nicht glaubte, dass es richtig sei. Ich wollte dem auch entgegenstehen“, fügt sie hinzu.

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„Ich möchte Frauen und queeren Personen weltweit eine Plattform geben, ihren Film, in ihrer Sprache zu zeigen“

Marion Fitje - Kinobetreiberin & Aktivistin

Marion ist Initiatorin des Kinos Cine k in der Kulturetage und ist darüber hinaus politisch wie auch in Sachen Feminismus aktiv. Wie passt das zusammen? „Kino ist für mich mehr als nur gucken. Ein Film trägt viele Emotionen und hat verschiedene Ebenen, die eine Auseinandersetzung anstoßen, mit uns selbst oder im Kollektiv“, erklärt Marion. Das Cine k zeigt Filme jenseits des Mainstreams, die über bekannte Erzählmuster kommerzieller Produktionen hinausgehen, häufig im Original mit Untertiteln: „Ich möchte offen sein für die ganze Welt. Jedem Land, das in der Lage ist, einen Film zu pro- duzieren, möchte ich eine Plattform geben, ihren Film in ihrer Sprache zu zeigen.“

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„Es ist schwieriger geworden, Sachen mit anstrengendem Inhalt zu verkaufen.“

Natascha Czichon - Stagemanagerin & Performerin

Natascha zaubert. Nicht das Kaninchen aus dem Hut, sondern jeden Abend ein Erlebnis für das Publikum in der Kulturetage. „Ich komme als erste und gehe als letzte“, sagt sie über ihre Tätigkeit. „Ich nehme die Künstler*innen in Empfang und sorge dafür, dass alles so ist, wie sie es brauchen.“ Je reibungsloser das laufe, desto schöner sei der Abend für alle Beteiligten. Geplant habe sie ihren Lebensweg nicht. Natascha liebt die Bühne und insbesondere das alternative Tanztheater. „Weil ich mir den Eintritt nicht leisten konnte, habe ich, während meines Studiums in Sport und Germanistik, ehrenamtlich die Abendspielleitung in der Kulturetage übernommen, um mir die Shows angucken zu können“, erzählt sie. Bis heute ist sie mit dem Kulturzentrum im Oldenburger Bahnhofsviertel tief verbunden.

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„Ich bin überzeugt, dass gerade in unserer heutigen Ich-Gesellschaft Menschen und Gruppen unterstützt werden sollen, die sich für ein Wir einsetzen.“

Susan Mertineit - Möglichmacherin

Susan ist Möglichmacherin im kreativ:LABOR und findet es spannend Ideen, Wünsche und Visionen möglich zu machen. Sie unterstützt auch gerne das, was andere Menschen machen wollen. „Ich habe vor zwölf Jahren begonnen Möglichkeitsräume aufzubauen, um mit Räumen und Infrastruktur, durch Netzwerke, Menschenverstand und Erfahrung sowie durch Fördermittel-Support Kreative und gesellschaftlich Engagierte zu unterstützen“, erklärt sie. Warum? „Ich bin überzeugt, dass gerade in unserer heutigen Ich-Gesellschaft Menschen und Gruppen unterstützt werden sollen, die sich für ein WIR einsetzen, für Solidarität, die Kritik äußern oder Bedarfe formulieren. Mit ihrem Engagement kann unsere Welt ein bisschen besser werden.“

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