
Dörthe Bührmann - Initiatorin & Impulsgeberin für gehört und gesehen werden
Veröffentlicht am: 01. Dezember 2019
Veröffentlicht in: Projekt
Dörthe hat die Initiative aufgebaut und ist (Mit)Gründerin des Radio- und TV-Senders Oldenburg Eins (oeins), der im letzten Jahr (2021) sein 25. Jubiläum feierte. „Anschub und Senderaufbau waren eine Mammutaufgabe, weil wir uns gegen bestehende Strukturen durchsetzen mussten.“ Bis heute gibt es in Oldenburg nur eine große Regionalzeitung: „Der gesellschaftspolitische Hintergrund unseres Senders ist es, ein unabhängiges Medium zu sein, an dem Menschen unzensiert teilhaben und insbesondere Randgruppen hörbar werden.“ Dörthe hat mit ihren Mitstreiter*innen eine Plattform geschaffen, die Menschen, besonders auch Mädchen und Frauen, ermutigt, Medien für ihre Anliegen zu nutzen.
„Damals hätte ich nicht gedacht, was die Medienentwicklung via Internet mal für einen Hype auslösen würde.“ In Anbetracht dessen sei es umso wichtiger, dass es ein öffentlich begleitetes Medium gebe, bei dem alle – unterstützt und nach geltendem Recht – mitmachen können. „Sich selbst zu sehen und zu äußern macht etwas mit Menschen“, fügt sie hinzu.
Wie wichtig unsere Grund- und Menschenrechte sind, macht Dörthe an ihrem Projekt zum 70-jährigen Bestehen des Grundgesetzes deutlich: „Grundwerte gehen vom Individuum aus und bilden immer die Grundlage für Kommunikation und Austausch, insbesondere für Menschen, die Demokratie neu erfahren.“ Auch wenn es häufig mühselig sei und es einen langen Atem brauche, demokratische Strukturen zu leben, lohne es sich: „Unterdrückung schlägt immer an anderer Stelle zurück .“
Begegnungen, Austausch und Dialog stehen im Mittelpunkt ihrer Arbeit. „Ich finde es erschreckend, dass wir in einer Zeit leben, wo Menschen sich konfrontativ begegnen und polarisierend miteinander umgegangen wird. Wir dürfen unserem Gegenüber nicht mit Abwertung oder gar Entwertung begegnen.“
Dörthe hat viel erreicht:„Rückblickend habe ich in jedem Jahrzehnt eine innovative Initiative angeschoben.“ Angefangen hat sie damit Ende der 80er Jahre mit der ersten Frauenwoche an der Universität Oldenburg: „Wir gingen den Fragen nach, wer die Definitionsmacht hat, warum immer Männer im Zentrum der Macht stehen und Frauen – metaphorisch gesehen – in die Provinz gedrängt werden.“
Es folgen der oeins und die Mieter*inneninitiative zum Erhalt der Breslauer Straße. Mit der Flüchtlingsmigration ab 2015 hat Dörthe versucht mediale Brücken zu bauen und eine interkulturelle Redaktionsgruppe ins Leben gerufen. Hier berichten Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven über ihr Leben in unserer Stadt: „In dem interkulturellen Miteinander öffnen sich neue Welten und Erkenntnisse. Das ist spannend und bereichernd.“
Wie geht es weiter? Das ist noch offen: „Ich muss auch mal zurücktreten, um mehr Muße zu haben für eigene kreativ-künstlerische Prozesse.“ Dörthe hat auf ihrem Weg immer wieder Rückschläge einstecken müssen: „Wenn dominante Muster ins Spiel kommen, wurde ich häufiger übergangen oder an den Rand gedrängt.“ Das Problem greife tiefer: In öffentlichen Strukturen seien Frauen grundsätzlich benachteiligt. Dörthe bedauert: „Ich habe es zwar in diese Struktur hineingeschafft, aber es ist mir nicht immer geglückt, darin zu bestehen.“
Die langen Strecken von der Idee bis zur Projektrealisierung haben viel Energie gekostet. Dennoch ist Dörthe glücklich, dass sie durch ihr Engagement Neues hervorgebracht hat, das nachhaltig weiter besteht. „Ich habe immer versucht, ein gemeinsames Miteinander zu fördern. Da steckt eine große Por- tion Idealismus drin, doch auch eine Spur Naivität“, fügt sie lachend hinzu.