
Barbara Schmitz-Lenders - Puppenspielerin & Mutter
Veröffentlicht am: 01. Dezember 2019
Veröffentlicht in: Kreativ
„Dann such dir mal einen reichen Mann“, habe Barbaras Vater geraten, als sie mitteilte, Puppenspielerin werden zu wollen. Seit 1983 gab es die erste staatliche Ausbildung in Westeuropa: der Studiengang „Figurentheater“ an der „Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart“. Dort gehörte sie zu den ersten Studierenden. Bereits in der Schule sei ihr Interesse gewachsen, in Richtung Bühne und Gestaltung gehen zu wollen. Nach einem dreizehnmonatigen Praktikum am Marionettentheater in Düsseldorf war klar: „Das ist genau mein Ding!“
„Wir waren nur acht Studierende: drei Frauen und fünf Männer. Wir Frauen sind nach der Diplomprüfung zur Verwaltung der Hochschule gegangen und haben eine Urkunde beantragt, auf der „Figurenspielerin“ stand.“ Leider ohne Erfolg. „Das ging 1987 noch nicht“, bedauert Barbara.
Das Studium habe sie unmittelbar auf die Selbstständigkeit vorbereitet: „Ich wurde nicht nur in Puppenspiel, sondern auch in Schauspiel, Sprechen, Bühnenbau, Figurenbau und Bühnenbild unterrichtet.“ Noch an der Hochschule lernte sie Pavel kennen. „Es war schnell klar, dass wir nicht nur privat, sondern auch auf der Bühne ähnlich tickten“, so Barbara. Fünf Jahre später zog das Paar nach Oldenburg. Erst hatten die beiden viele Jahre ein Tourneetheater und viel in Frankreich gespielt. Als das erste Kind in die Schule musste, eröffneten sie das Figurentheater in der Wilhelmstraße. Schon dreizehn Jahre später platzte dieser Ort aus allen Nähten.
Mit der gleichen Zielstrebigkeit mit der Barbara ihre Leidenschaft für das Theater verfolgte, habe sie schon immer viele Kinder gewollt. Als das Paar die leerstehende Turnhalle in der kleinen Straße entdeckte, war sie mit ihrem vierten Kind schwanger und musste sich eingestehen, einen Umbau zu diesem Zeitpunkt nicht bewerkstelligen zu können. „Ich stehe immer vor der Herausforderung, alles, was ich vom Leben will, auch dort unterzubringen.“ Nach zwei Jahren stand das Gebäude noch immer leer und sie eröffneten 2008 nach umfangreicher Restauration das neue Theater Laboratorium. „Es wird eine unglaubliche Energie freigesetzt, wenn man das macht, was einem Spaß macht. Bevor die Kinder kamen haben wir Nächte durchgearbeitet und an manchen Tagen drei Mal gespielt. Es ist schön zu sehen, dass sich unser Engagement ausgezahlt hat und wir dafür belohnt wurden“, freut sich Barbara.
Mit zunehmendem Erfolg seien immer mehr administrative Aufgaben für sie hinzugekommen. „Das Organisieren macht mir auch Spaß, aber ich habe das Problem, dass ich sehr vieles gerne mache und dadurch einige Dinge nur streife“, wirft Barbara lachend ein. Bei alledem dürfe nicht vergessen werden, dass Erziehungsarbeit gleichermaßen ein Beruf ist. „Ich habe immer die Vorstellung von Zimmern in mir drin, die gerade belegt sind oder nicht und muss abwägen, wie viel Raum ich noch geben kann.“
Barbara hat nicht weniger Herzblut in die Verwirklichung ihres Traums vom eigenen Theater gesteckt als Pavel und doch reglementieren traditionelle Rollenbilder ihre Sichtbarkeit: „Da ich aus einem überwiegenden Frauenhaushalt komme, hat es mich schockiert, einem bestimmten Bild entsprechen zu müssen, um wahrgenommen zu werden.“ Es gehe ihr nicht darum zu meckern, sondern vielmehr auf die Ungleichheiten aufmerksam zu machen: „Grundsätzlich ist da noch viel Luft nach oben!“ Sie bekomme aber auch Rückmeldungen, bei denen sie merke, dass das Publikum ihre und Pavels unterschiedliche Qualitäten wahrnimmt.
Ein Ende ihrer Karriere ist noch nicht in Sicht: „So lange Publikum da ist und ich Energie habe, mache ich weiter.“ Das Lampenfieber sei nie verschwunden. „Während des Spielens merke ich aber, warum ich das mache: Ich mag die Emotionen im Saal spüren, den Austausch mit dem Publikum, das Künstlerische und Spielerische mit meinem eigenen Körper und den Figuren, die Mischung aus Darstellen und Gestalten wie auch die Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit meines Berufs.“