Lena Ahone Nzume - Akademikerin, Aktivistin & alleinerziehende Mutter

Lena Ahone Nzume - Akademikerin, Aktivistin & alleinerziehende Mutter

Veröffentlicht am: 01. Dezember 2019

Veröffentlicht in: Projekt

Autor: Rike Schroer

„Rassismus betrifft uns alle in unterschiedlicher Weise, die einen profitieren, die anderen werden benachteiligt.“


Wir treffen Lena im Stadtteil-Café des Treffpunktes Gemeinwesenarbeit im Oldenburger Kennedyviertel. Der Verein hat zum Ziel, Potentiale von Anwohnenden zu stärken und somit Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen. „Der Verein spiegelt sowohl mein berufliches Interesse als auch mein privates Engagement wider“, erzählt Lena. Sie habe bereits viele Aktionen, Workshops und Projekte im sowie durch den Verein realisieren können. Lena ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Oldenburg mit dem Forschungsschwerpunkt „Rassismuskritische Schulentwicklung“. Sie fügt hinzu: „Der Abbau von Benachteiligung und sozialer Ungleichheit sowie die Verbesserung von Bildungs- und Teilhabechancen sind wichtige Themen, für die ich mich mit aller Kraft einsetze – sowohl auf praktischer als auch auf theoretischer Ebene.“ Vorher war Lena sechs Jahre lang bei der Stadt Oldenburg im Bereich Integration als Bildungskoordinatorin und zwischenzeitlich als kommissarische Integrationsbeauftragte tätig: „Es war mir wichtig, den Fokus nicht nur darauf zu legen, Migrationsandere zu integrieren, sondern die Strukturen unserer Gesellschaft zu reflektieren.“

Ein Augenmerk läge daher darauf zu verstehen, wie Ausgrenzung funktioniert und an welcher Stelle Barrieren auftreten. „Rassismus betrifft alle in unterschiedlicher Weise, die einen profitieren, die anderen werden benachteiligt“, sagt Lena. „Alle haben rassistisches Wissen gelernt und auch internalisiert.“ Auf praktischer Ebene müsse dafür ein Bewusstsein bei der weißen Mehrheitsgesellschaft geschaffen werden.

Auf ihrem Weg von der Integrationsarbeit zur Promotion ist Lena immer auch politisch aktiv gewesen. Im vergangenen Jahr hat sie für die Grünen bei der Kommunalwahl kandidiert. „Ich habe angefangen zu überlegen, wie Systeme von innen heraus oder von außen transformiert werden können. Bei der Stadt war ich im System, während ich hier im Verein von außen wie auch als Verbündete agieren kann.“

Lena ist optimistisch: „In den letzten Jahren hat sich viel getan. Aber zugleich gibt es eine paradoxe Gleichzeitigkeit – es gibt mehr kritisch-reflexives Bewusstsein und zugleich ein Wiedererstarken von völkischen und nationalistischen Ideologien. Es ist schwierig, aber möglich, im System Transformation anzustoßen.“ Man brauche jedoch viel Ausdauer, um häufig nur sehr kleine Veränderungen zu bewirken. „Manchmal habe ich das Gefühl, mich in einem Hamsterrad zu drehen, weil vor allem das Bildungssystem sehr veränderungsresistent ist.“ Lena spricht hier aus Erfahrung: „Auch aus meiner Biografie heraus weiß ich, welche Probleme adressiert werden müssen und wie wichtig Bildung ist.“ Mit acht Jahren ist Lena von Kamerun nach Deutschland gezogen. Ihre Mutter ist Deutsche und ihr Vater Kameruner. „Ich bezeichne mich als Schwarze Deutsche.“ Lena erklärt: „An dieser Stelle geht es um eine politische Selbstbezeichnung. Obwohl ich durch meine Mutter auch eine weiße Teil-Identität habe, würde ich nie dieselben Privilegien erhalten.“

Lena möchte eine Gesellschaft anstoßen, in der sich alle gleichermaßen zugehörig fühlen. Es sei traurig und frustrierend zu beobachten, dass vieles von dem, was sie als Kind erlebt habe, noch heute präsent sei. „Wir haben so viel Wissen und handeln so wenig. Noch immer braucht es die Betroffenheit von rassistisch diskreditierten Menschen und Gruppen, um Ungleichheit sichtbar zu machen“, beklagt sie. „Ich muss immer entscheiden, wie viel ich persönlich preisgebe und wie verletzlich ich mich dadurch zeige.“ Umso schöner seien Momente der Kommunikation und des Austauschs, welche sie hier im Verein häufig erlebe. Hoffnungsvoll fügt sie hinzu: „Es macht mich glücklich zu sehen, dass in dem Alter meines Sohnes (15) Diversität und Vielfalt als Normalität gelebt und wahrgenommen werden.“

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